Politik erschwert erneut den Ausbau der Solarenergie in Deutschland

Alle Jahre wieder: Die Energiewende ist in Gefahr, denn es steht wieder eine neue Novelle des EEG an. Doch dieses Mal geht es nicht darum, die Kosten für die Verbraucher zu senken, sondern es wird immer offensichtlicher, dass die Geschäfte der großen Stromkonzerne gerettet werden sollen. Die vorgeschlagenen Regelungen gehen jedenfalls am eigentlichen Ziel vorbei.

Wieder einmal muss die Energiewende auf der Straße verteidigt werden.

Wieder einmal sind die Unternehmen und Verbände der erneuerbaren Energien auf dem Protestpfad. Unter dem Motto „Energiewende Jetzt! Die Energiewende nicht platzen lassen!“ haben weit mehr als 60 Unternehmen der Photovoltaik-, Windkraft- und Bioenergiebranche öffentlichkeitswirksame Aktionen angekündigt. Wieder einmal geht es gegen die Pläne einer Regierung in Berlin, die Energiewende auszubremsen. Doch die Zeichen stehen diesmal anders. Während in den vergangenen Jahren eine schwarz-gelbe Koalition gegen eine starke Opposition regiert hat, die auch noch einiges bewegen konnte, ist jetzt die Gefahr, dass die große Koalition in Berlin alles erdrückt. Auch die Energiewende.

Das zumindest befürchten die Unternehmen, die sich mit der Herstellung, dem Vertrieb und der Installation von Anlagen zur Erzeugung regenerativen Stroms befassen. Die Mitarbeiter haben Angst um ihre Arbeitsplätze, wenn die Vorschläge aus dem Bundeswirtschafts- und Energieministerium des Sigmar Gabriel umgesetzt werden.

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Es ist erstaunlich, wie schnell eine Kehrtwende geht. Noch bei der Großkundgebung gegen die EEG-Reform vor zwei Jahren stand Gabriel auf der anderen Seite der Barrikade. Doch inzwischen hat der selbst die Macht über das Wohl der Energiewende übernommen und schlägt jetzt genau das vor, was er vor zwei Jahren noch vehement bekämpft hat: Eine Einbeziehung des Eigenverbrauchs in die EEG-Umlage und das Drosseln des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Mit leidlichem Erfolg. Damals blieb der selbst verbrauchte Strom unbehelligt.

Unabhängigkeit von der Förderung

Das war die Rettung der Photovoltaikindustrie. Auch wenn inzwischen viele Arbeitsplätze verloren gegangen sind und Deutschland seine Vorrteiterrolle beim Zubau längst eingebüßt hat, die Solarstromindustrie lebt weiter und macht sich unabhängig von der Förderung. Ursprünglich war das eigentlich das Ziel der stetigen Absenkung der Einspeisevergütung. Regenerativer Strom sollte weg vom Tropf. Zumindest die Onshore-Windenergie und die Photovoltaik haben es geschafft, auch ohne Förderung aus Berlin wettbewerbsfähig zu sein. Doch jetzt scheint man im Regierungsviertel zu merken, dass die Sache aus dem Ruder läuft. Dass sich ein ganzer Wirtschaftszweig einfach aus der Bevormundung herausentwickelt, scheint keine Option zu sein, zumal er den angestammten großen Playern die Kunden wegnimmt. Denn inzwischen ist der Strom aus Photovoltaikanlagen so preiswert, dass er auch ohne Förderung auskommt. Voraussetzung ist derzeit aber noch, dass ein großer Teil des erzeugten Stroms selbst verbraucht wird. Eine riesige Möglichkeit nicht nur für die privaten Haushalte, sondern auch für Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften, sich über den Eigenverbrauch oder Contracting-Modelle zumindest teilweise von den steigenden Stromkosten zu verabschieden.

In der ministerialen Logik ist so etwas nicht vorgesehen. Auf Biegen und Brechen soll der Ausbau der Photovoltaik ausgebremst werden und sei es durch eine Direktive von oben, damit sich so „überraschend“ schlechte Konzernergebnisse, wie sie diese Woche RWE vorgelegt hat, nicht wiederholen.

Ganz nebenbei gefragt: Wo haben die Strategen des Essener Energieriesen die vergangenen Jahre verbracht? Längst ist klar, dass die Gaskraftwerke nicht mehr rentabel betrieben werden können, weil sie viel zu teuer arbeiten. Das ist alles andere als eine Neuigkeit. Doch was macht RWE? Der Konzern investiert viel Geld in Gaskraftwerke, um danach den erneuerbaren Energien vorzuwerfen, dass sie diese aus dem Markt drängen. Kein Wort davon, dass die Kohlekraftwerke mit ihrem Strom immer noch die Netze verstopfen und an der Strombörse vor den Gaskraftwerken rangieren.

Strompolizei auf den Weg geschickt

So etwas darf nicht noch einmal passieren. Dafür wird jetzt das EEG geändert. Inzwischen liegt auch schon ein Gesetzentwurf vor. Zumindest fast. Die konkrete Regelung zum Eigenverbrauch fehlt noch. Sie wird nachgetragen. Es steht kursiv im Gesetzentwurf. Dass die Photovoltaik wieder an den Fördertropf gehängt werden soll wird durch eine andere Regelung klar. Denn wenn ein Anlagenbetreiber seinen Strom teilweise selbst verbraucht und den Rest einspeist, bekommt er für den eingespeisten Teil eine um 0,4 Cent pro Kilowattstunde höhere Einspeisevergütung. Das System der Förderung wird also weiter in die Zukunft verschoben.

Den Eigenverbrauch soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übernehmen. Dazu wird vorausschauend auch gleich der Artikel 13 des Grundgesetzes, der die Unverletzlichkeit der Wohnung garantiert, weiter eingeschränkt. Denn auch Unternehmsräume fallen unter die Regelung als Wohnraum. Aber das Grundgesetz erlaubt die Einschränkung durch ein Bundesgesetz. Ob damit der Rechtsprechung Genüge getan ist, sei einmal dahingestellt. Doch der Aufwand, den die BAFA betreiben muss, um die Strompolizei durch die gesamte Republik zu schicken, wird enorm sein und die Gewinne, die durch die EEG-Umlage auf Eigenverbrauch einspielen, wieder auffressen. Damit wird die Bundesregierung die Energiewende ausbremsen, ohne dass es zumindest den anvisierten finanziellen Gewinn einbringt. Wobei schon seit langem klar ist, dass dieses Ziel mit der Reform ohnehin verfehlt wird. Denn anders als die Bundesregierung in ihrer Begründung der Novelle schreibt, wird der weitere Ausbau der preiswerten Technologien der erneuerbaren Energien keine nennenswerten Kostensteigerungen mehr verursachen. Um das klar zu machen, gehen die Mitarbeiter von über 60 Unternehmen heute auf die Straße. (Sven Ullrich)
QUELLE: Erneuerbare Energien – Das Magazin